Schulen ohne Gong: Wenn der Schulgong für immer Pause hat
© Christian Schwier / Fotolia.com
„Ding-Dang-Dong“, das ist der typische Klang einer Schule.
Manchmal ist es auch ein durchdringendes Klingeln. Pro Tag hören Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler es ein Dutzendmal und mehr –das ergibt im Lauf eines Schuljahrs über 3000 Gongschläge.
Besonders durch den Gong zum Ende der Stunde scheinen viele Kinder ähnlich des pawlowschen Hundes regelrecht konditioniert zu sein – glücklicherweise führt der Gong nicht zu vermehrter Speichelproduktion, sondern „nur“ zu reflexartigem Einpacken der Schulsachen ;-)
Was passiert aber, wenn das Klingelzeichen für immer Pause hat?
Üblicherweise läutet der Schulgong den Schultag ein und signalisiert Stundenbeginn und -ende.
Aber nicht an jeder Schule: Eine wachsende Anzahl von Schulen verschiedener Schularten nimmt den vielgehörten Lehrerspruch: „Nicht der Gong beendet die Stunde, sondern ich!“ wörtlich. Das Klingeln wurde abgeschafft oder in seiner Intensität zumindest stark heruntergeschraubt.
Mögliche Vor- und Nachteile einer Schule ohne Gong
Verschiedene mögliche Komplikationen kommen „Gong-Freunden“ gleich in den Sinn:
- Schüler/-innen kommen unpünktlich zum Unterricht
- Lehrer/-innen müssen ihre Schüler/-innen nach der Pause zusammensuchen
- Lehrer/-innen überziehen die Unterrichtszeit zu Lasten der Pausen
- Schüler/-innen sind unsicher, wann sie wieder in den Unterricht müssen und können in den Pausen nicht entspannen
Demgegenüber versprechen sich Befürworter einer Schule ohne Gong u. a. folgende Vorteile:
- Unterrichtsstunden werden nicht mehr abrupt durch das Klingeln beendet
- Schüler/-innen üben sich in selbstverantwortlichem Handeln und gewinnen mehr Selbstständigkeit
- die Schulatmosphäre wird ruhiger und dadurch entspannter
- Doppelstunden werden nicht mehr durch den Gong gestört und Pausen können an passender Stelle gemacht werden
- Schüler/-innen bleiben am Stundenende ansprechbar
- ein fliessendes Unterrichtsende entzerrt das Gedrängel zu Pausenbeginn
- Veranstaltungen wie Lesungen, Aufführungen oder Feiern werden nicht mehr vom Gong unterbrochen
Was passiert, wenn der Gong nicht mehr läutet?
In der Praxis lesen sich die Berichte von Schulen, die den Versuch gewagt haben, überwiegend positiv. Besonders Lehrerinnen und Lehrer scheinen sehr begeistert darüber, den Gong loszuwerden.
Unter den Schülerinnen und Schülern zeigen sich geteilte Ansichten: Die einen freuen sich über die Ruhe, andere sind etwas nostalgisch veranlagt und möchten „ihren“ Gong nicht missen. Dass Lehrkräfte häufiger dazu tendieren eine Minute zu überziehen, als früher Schluss zu machen, scheint sich – zumindest aus der subjektiven Sicht der Schülerinnen und Schüler – zu bewahrheiten.
Einige Schulen haben sich auch für eine "Hybridversion" entschieden: Der Gong läutet hier nur zum Schulbeginn und den längeren Pausen. In den 5-Minuten-Pausen bleibt es still.
Noch entspannter wird es, wenn zum Ende der Pause statt dem Gong für ein paar Minuten Musik abgespielt wird. In dieser Zeit können alle ganz in Ruhe zu ihren Plätzen zurückkehren.
Es gibt auch Schulen, an denen sich das Leben ohne Schulgong nicht bewährt hat. Statt komplett zum alten System zurückzukehren, besteht dann die Möglichkeit, den Gong nur das Ende der Pause einläuten zu lassen. So bleiben viele Vorteile erhalten, die Schülerinnen und Schüler werden aber wie gewohnt zurück in den Unterricht gerufen.
Lesen Sie hier über die Erfahrungen, die Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler mit der Schule ohne Gong gemacht haben:
- An der Gesamtschule Höhscheid in Solingen ist man ohne Gong glücklich
- Am Gymnasium Eckhorst ist die Schülermeinung geteilt
- Das Mädchengymnasium Essen-Borbeck setzt auf einen Kompromiss
Drei Voraussetzungen für die Schule ohne Gong
- Pünktliches Stundenende:
Natürlich dürfen abschliessende Gedanken noch zu Ende gedacht werden. Das ist ein grosser Vorteil der Schule ohne Gong. Aber: Damit das System ohne Gong funktioniert, ist hier unbedingt Disziplin seitens der Lehrerschaft erforderlich. Nicht nur die Schülerinnen und Schüler sind empört, wenn ihre Pausen regelmässig nur zu kurz und nie etwas länger ausfallen: Auch bei den Kolleginnen und Kollegen wird der Unmut irgendwann gross, wenn sie nicht pünktlich beginnen können, weil die Kinder zu spät aus der vorherigen Stunde kommen. - Pünktliche Schülerinnen und Schüler:
Anlaufschwierigkeiten bei der Pünktlichkeit sind nicht ungewöhnlich – spielen sich mit der Zeit aber meist ein. Ist es die Ausnahme, dass eine Schülerin/ein Schüler nicht rechtzeitig in den Unterricht zurückkommt, setzt er sich ruhig an seinen Platz, um den Unterricht nicht zu stören. Kommen solche Fälle aber gehäuft vor und Sie haben das Gefühl, dass das fehlende Läuten als Ausrede fürs Zuspätkommen genutzt wird, sollte ein solches Verhalten zu Konsequenzen führen. - Uhren:
Eine wichtige Voraussetzung in Zeiten, in denen nur noch wenige Schüler eine Armbanduhr tragen (und das Smartphone auf dem Schulgelände aus bleiben sollte), sind gut sichtbare Uhren an Orten, wo sich Schüler in den Pausen aufhalten. Und natürlich sollten auch Sie eine genaue Uhr während des Unterrichts im Blick haben.
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