Das Rollenspiel in Kindergarten und Kita
Kinder schlüpfen gerne in andere Rollen, spielen das Leben der Erwachsenen nach und erleben in ausgedachten Welten fantastische Abenteuer, in denen sie ihre Gefühle ganz frei ausleben können: Diese vielseitige, entwicklungsfördernde Art des Spiels wird als Rollenspiel bezeichnet. Angefangen mit dem Symbolspiel – also dem Nachahmen einfacher Tätigkeiten – wird der Höhepunkt der Rollenspielphase um das 4. Lebensjahr herum erreicht. Ab dem Schuleintritt werden Rollenspiele in vielen Fällen durch Regelspiele ersetzt, bei denen das Einhalten der durch die Kinder aufgestellten Regeln in den Vordergrund rückt.
Häufig gestellte Fragen
Was ist ein Rollenspiel bei Kleinkindern in Kiga und Kita?
Ein Spiel, in dem Kinder in eine Rolle schlüpfen oder mit einer Spielfigur eine Situation nachspielen. Die Situationen sind fantasievolle Bearbeitungen von Erlebtem oder Beobachtungen. Alltagsgegenstände können hier neue Bedeutungen und Funktionen erhalten (eine Papprolle wird z. B. zu einem Fernrohr). Spontane Rollenspiele im Kleinkindalter können ortsunabhängig und ohne grosses Zubehör durch die Kinder begonnen werden.
Was wird durch Rollenspiele bei Kleinkindern gefördert?
Das Rollenspiel fördert durch die Vielschichtigkeit der möglichen Themenbereiche, die von den Kindern im Spiel durchlebt und bearbeitet werden: Sozialverhalten, Sprachfähigkeit, Empathie, Fantasie, Kreativität.
In welchen Stufen entwickelt sich das Rollenspiel bei Kleinkindern?
Zusammen mit der sprachlichen Entwicklung des Kindes entwickelt sich auch die Komplexität der Rollenspiele. Vereinfacht dargestellt ergibt sich folgende Entwicklung vom Symbol- zum Rollenspiel: Zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr spielt das Kind einfache Tätigkeiten ohne emotionale Deutung nach (Symbolspiel). Ab dem 3. Lebensjahr spielt das Kind komplexere Situationen nach und erzählt begleitend, was es tut (Rollenspiel). Ab dem 4. Lebensjahr rückt die soziale Komponente des Spiels durch die gesammelten Erfahrungen in den Vordergrund (Ausdruck von Emotionen). Ab dem 5. Lebensjahr finden kooperative Rollenspiele mit mehreren Kindern statt (soziale Interaktion und Empathie). Ab dem 6. Lebensjahr: Regelspiel
Was, wenn ein Kind kein Interesse an Rollenspielen im Kindergarten hat?
Rollenspiele sind natürlich kein Muss – trotz allem lohnt es sich, den Gründen für das fehlende Interesse auf den Grund zu gehen und mögliche Förderbedarfe auszuschliessen (sprachliche Entwicklung, soziales Verhalten, Selbstbewusstsein). Erzieherinnen und Erzieher können durch gezielte Spielimpulse und teilnehmende Beobachtung weitere Erkenntnisse gewinnen.
Die Funktion des Rollenspiels
Das Rollenspiel in Kindergarten und Kita – oder allgemein bei Kleinkindern – hat viele entwicklungspsychologische Funktionen, die bereits von Jean Piaget oder Lew Wygotski ausführlich behandelt und beschrieben wurden. Der Fokus der beiden Entwicklungspsychologen lag allerdings zunächst auf dem Ausbau der kognitiven Fähigkeiten sowie des sprachlichen Ausdrucks, die durch das Rollenspiel begünstigt werden.
Rollenspiel fördert wichtige Kompetenzen:
- der spielerische Ausdruck von Emotionen
- das Hineinversetzen in andere Menschen
- Aufarbeitung und Verarbeitung von Erlebnissen oder Ereignissen
- gezielte Auseinandersetzung mit dem Leben der Erwachsenen
- das langsame Heranführen an die Funktionsweisen des sozialen Miteinanders
- das Üben von Auseinandersetzungen und Streit (Konflikte meistern)
- Kommunikation und Austausch werden verbessert (Kompromisse und Allianzen)
- der fliessende Übergang vom Alleinspiel über das Parallelspiel zum interagierenden Rollenspiel der Kinder
Das angeleitete Rollenspiel
Hinter dem angeleiteten Rollenspiel verstecken sich fest geplante pädagogische Förderziele oder der Ausbau bestimmter Kompetenzen und Fähigkeiten.
Durch die Lehrpersonen wird ein Thema, z.B. die Geschichte vom Regenbogenfisch, vorbereitet und mit den entsprechenden Zielsetzungen ausgearbeitet. Die Geschichte ist allen Kindern durch mehrmaliges Vorlesen bereits bekannt, also können die einzelnen Rollen in der Geschichte nun unter den Kindern verteilt werden. Durch bestimmte Impulse werden nun die sozialen und emotionalen Lernmomente der Geschichte gemeinsam mit den Kindern erarbeitet. Gezielte Nachfragen durch die pädagogische Fachkraft können hier verstärkend wirken.
Das angeleitete Rollenspiel kann bekannte Geschichten auch in anderen Varianten bearbeiten. Der Wechsel der Erzählperspektive ist gerade für das Begreifen und Nachvollziehen der emotionalen Aspekte einer Geschichte sehr hilfreich.
Wichtig für das Gelingen des angeleiteten Rollenspiels ist der partizipatorische Grundgedanke. Die Gruppe sollte sich gemeinsam auf das Thema und den Zeitpunkt der Durchführung geeinigt haben, da dies eine höhere Beteiligung seitens der Kinder garantiert.
Das freie Rollenspiel
Anders als bei der angeleiteten Version des Rollenspiels, geht bei dem freien Rollenspiel der Spielimpuls von den Kindern aus. Ereignisse, Kostüme, oder spezielle Spielmöbel (z. B. die Puppenküche oder der Kaufladen) können Auslöser für das spontane Rollenspiel sein.
Diese externen Impulse sind allerdings nicht zwingend notwendig. Auch ganz ohne spezielles Zubehör oder eine passende Ausstattung tauchen die Kinder in erdachte Situationen ab und spielen entweder allein oder gemeinsam ihre jeweiligen Rollen.
Das freie Rollenspiel ist für die teilnehmende Beobachtung und die Einschätzung der jeweiligen kindlichen Entwicklungsstände sehr gut geeignet. Da die Spielsituation durch die Kinder initiiert wird, kann durch Erzieherinnen und Erzieher eine äusserst genaue Beobachtung der aktuellen Interessen, Fähigkeiten, Sorgen und Ängste der Kinder erfolgen.
Ob Rollenspiele in Kindergarten und Kita nun also frei und spontan oder geplant und angeleitet passieren, tut der fördernden Wirkung und dem weiteren Kompetenzgewinn keinen Abbruch. Je nachdem, welche Themengebiete oder Kompetenzen gerade im Fokus stehen, bietet sich etweder die eine oder die andere Variante des Rollenspiels an.
„Was man einem Kind beibringt, kann es nicht mehr selber entdecken. Aber nur das, was es selber entdeckt, verbessert seine Fähigkeit, Probleme zu verstehen und zu lösen.“
Jean Piaget (1896 – 1980)
Die Funktion der pädagogischen Fachkräfte während der Rollenspiele
Die Beobachtung der Kinder während des Spiels stellt für Erzieherinnen und Erzieher gleichzeitig 2 Funktionen dar. Zum einen sind sie in dieser Zeit für Hilfestellungen, Fragen der Kinder oder auch zum Mitspielen (wenn dies seitens der Kinder gewünscht wird) verfügbar. Zum anderen lassen sich aus der die gezielte Beobachtung einiger Teilbereiche des Spiels wichtige Informationen zum Entwicklungsstand der Kinder ziehen:
- Spielform: Allein-, Parallel-, Kollektivspiel oder sozial interagierendes Spiel
- Spielorte und eingenommene Rollen
- Verhalten während des Spiels: durchgehender Handlungsimpuls, Kreativität der Handlung, Konzentration
- Welche externen Impulse werden verarbeitet? Wie werden diese in das Spiel einbezogen?
- Loslösung eines Objektes von dessen Funktion und Bedeutung – der Teppich wird zum Boot und ein Baum zu einem Leuchtturm
- Ausbau der kommunikativen Fähigkeiten (Wortschatz, Satzbildung und Gesprächsführung unter den Kindern) und daraufhin auch die verstärkte sprachliche Bewältigung von Auseinandersetzungen und Konflikten
Beobachtungsbögen sind in diesem Prozess eine grosse Hilfe, da die gewonnenen Eindrücke direkt erfasst und eingeordnet werden können. Eine Ableitung möglicher Förderziele oder eine Unterstützung des weiteren Kompetenzausbaus ist durch die professionelle Erfassung der Beobachtungen leichter möglich.
Die beliebtesten Rollenspiele bei Kindern
Ganz unabhängig von Ort und Thema sind Rollenspiele mit oder ohne Zubehör und Spielzeug jederzeit durchführbar. Egal, ob drinnen oder draussen – die Fantasie der Kinder kennt hier keine Grenzen. Auch wenn, wie bereits beschrieben, nicht unbedingt das passende Material vorhanden sein muss, bieten passende Spielzeuge oder Spielmöbel natürlich unterschiedliche Impulse, um eine Spielidee entstehen zu lassen.
Die Top 5 Rollenspiele :)
1) Kochen in der Kinderküche
Hauptzutaten (nach Aussage des 5-jährigen Kochs): Schokolade, Gummibärchen und Leberwurst.
2) Einkaufen im Kaufladen
Die Preisverhandlungen mit dem 3-jährigen Mitarbeiter an der Kasse gestalten sich schwierig. Ein Paket Mehl für 300 Goldstücke erscheint doch ein wenig zu teuer.
3) Haustiere verarzten in der Tierarztpraxis
Die Säbelzahnkatze Schneewittchen humpelt, seit sie über einen Goldfisch gestolpert ist. Das Tierarzt-Team rät dazu, das Bein vorsichtshalber abzusägen und danach wieder neu anzuschrauben.
4) Bauarbeiter mit Grossprojekt
Die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter werkeln gemeinsam an ihrem nächsten Bauwerk. Die Aussagen, was es wird, schwanken zwischen Autobahn, Schiffsmotor und Verkleinerungsmaschine.
5) Familienzeit
Die Familie, bestehend aus den Eltern, einem grossen Kind und einem Baby macht einen gemeinsamen Ausflug mit dem Auto. Das Baby fährt und überrascht alle mit seinen Fahrkünsten.
Quellen:
-
- Bürki, D.(1998): Vom Symbol zum Rollenspiel. In: Zollinger, B. (Hrsg.) (1998): Kinder im Vorschulalter. 3. Aufl.
- https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/bildungsbereiche-erziehungsfelder/sprache-fremdsprachen-literacy-kommunikation/1626
- https://medienkindergarten.wien/medienpaedagogik/medienerziehung-im-kindergarten/rollenspiele-und-ihre-bedeutung-in-der-medienerziehung
- http://docplayer.org/79610336-Bewegte-sprache-im-rollenspiel-wie-symbol-und-rollenspiel-die-sprach-und-denkkompetenz.html
- https://scholarworks.uni.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1229&context=grp
- https://www.legofoundation.com/media/1065/play-types-_-development-review_web.pdf
- https://www.wissensfabrik.de/wp-content/uploads/2018/04/KIDS-KAUFLADEN-P%C3%A4d.-Handreichung.pdf
- https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/freispiel-spiele/1610
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