Rituale im Unterricht
Häufig gestellte Fragen zu Ritualen im Unterricht
Was sind Rituale im Schulunterricht?
Rituale im Unterricht sind wiederkehrende Massnahmen zur Unterrichtsgestaltung, wie Ruhezeichen oder Begrüssungen. In der Regel werden diese Rituale gemeinsam von Lehrer und Klasse bestimmt und eingehalten. Der wiederholende Aspekt von Ritualen dient der Strukturierung des Schultags und der Unterstützung von festgelegten Regeln.
Was ist der Unterschied zwischen Regeln und Ritualen?
Regeln beinhalten meist Verpflichtungen oder Verbote, die begründet umgesetzt werden müssen, um eine angenehme Lernatmosphäre zu schaffen. Rituale auf der anderen Seite sind sehr symbolkräftig und animieren Ihre Schüler zur Reflektion und Einhaltung der festgelegten Regeln.
Welche Vorteile haben Rituale im Unterricht?
- Sie strukturieren und gliedern den Unterricht,
- geben den Schülern Sicherheit, Orientierung und Halt,
- wirken sich positiv auf das Miteinander in der Klassengemeinschaft aus
- und können auch den einzelnen Schüler stärken.
Ein gutes Team: Regeln und Rituale
Regeln erfüllen in einer Klasse häufig ähnliche Ziele wie Rituale:
- Sie sollen Grenzen und Konsequenzen aufzeigen und
- dadurch einen störungsfreien Unterricht gewährleisten sowie
- den Umgang miteinander regeln.
Während Regeln rational begründet sind, am besten gemeinsam mit der Klasse ausgehandelt und festgeschrieben werden, wirken Rituale durch ihre Symbolkraft und haben häufig Aufforderungscharakter.
Die beiden Ansätze ergänzen sich somit ideal!
Das erklärt, warum so viele Lehrerinnen und Lehrer eine manchmal mühsame Einführungsphase in Kauf nehmen – mittel- und langfristig erleichtern Rituale und Regeln das Lehren und Lernen immens, verringern Unterrichtsstörungen und Lärm und sparen dadurch wertvolle Unterrichtszeit!
Rituale im Unterricht zielgerichtet einsetzen
Manche Handlungen haben sich vielleicht im Unterrichtsablauf ritualisiert, ohne dass Sie dies bewusst bezweckt haben. Allerdings können zielgerichtet eingesetzte Rituale ihre Wirkung noch besser entfalten. Nur so ist gewährleistet, dass alle Beteiligten den Ablauf verinnerlicht haben und sich über den Sinn hinter dem Symbol im Klaren sind.
Auch passt nicht jedes Ritual zu jeder Klasse und Unterrichtssituation. Das Alter der Schüler muss genauso beachtet werden wie die spezifische Lernsituation und die individuelle Zusammensetzung einer Klasse mit deren Vorlieben.
Zum Glück sind Rituale so variantenreich und bieten unglaublich viele Einsatzmöglichkeiten.
Besonders wichtig sind Rituale in der Primarschule für frisch eingeschulte Kinder. Sie geben Halt und Struktur und erleichtern so den nicht immer einfachen Übergang vom Kindergarten zur Schule.
Für die Einführung und Festigung von neuen Ritualen ist es ideal, wenn Sie häufig in der Klasse sind. Aber vielleicht überzeugen Sie auch den Klassenlehrer von den Vorteilen und arbeiten gemeinsam an der Umsetzung.
Ohnehin ist es sinnvoll, Kolleginnen und Kollegen über allgemein nutzbare, nicht fachspezifische Klassenrituale zu informieren – je häufiger sie eingesetzt werden, umso schneller verinnerlichen die Schüler die Rituale und alle profitieren von den Vorteilen!
Tipps für die Einführung von Ritualen
Wie bei der Einführung von Regeln sollten Sie Ihre Schüler am Entstehungsprozess eines neuen Rituals beteiligen. Besprechen Sie das Ziel, das durch das Ritual erreicht werden soll und welche Handlungen sich gut zur Verdeutlichung eignen würden.
Sammeln Sie z. B. Ideen für ein Ruhezeichen und wählen Sie gemeinsam ein Zeichen aus, das auch Ihre Schüler super finden. So steigern Sie die Akzeptanz. Den Schülern muss klar sein, wann das Ritual zum Einsatz kommt. Beispiele und ein paar Übungsdurchgänge helfen den Ablauf zu verinnerlichen.
Gefahren beim Einsatz von Ritualen
Rituale sollten nie unkritisch übernommen werden. Rituale haben die Macht zu manipulieren, herabzuwürdigen und auszugrenzen. In der Vergangenheit wurden Sie deshalb zur Disziplinierung und Bestrafung genutzt: Die Sitzordnung orientierte sich an den Leistungen der Schüler und im 18. Jahrhundert war es verbreitet, dass Kinder, die Fragen nicht beantworten konnten, eine Kappe mit Eselsohren tragen mussten. In der NS-Zeit begann jede Schulstunde mit dem Hitlergruss – ein Ritual instrumentalisiert zur Einstimmung auf politische Ideologien.
In den 1960er und 1970er Jahren fand deshalb eine Abkehr von Ritualen im Unterricht statt. Heute gehen Rituale eher von den Bedürfnissen der Schüler aus.
Dennoch lauern auch hier Gefahren: Wenn Rituale „erstarren“ und zwanghaft werden, sind sie nicht mehr als eine leere Hülle ohne Sinn. Das passiert, wenn Schüler nicht mehr mitdenken, sondern nur noch abspulen: Ein Beispiel sind lange Begrüssungsformeln wie „Einen wunderschönen guten Morgen Frau/Herr XY. Schön Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?“, die nur noch heruntergeleiert werden, ohne dass die Worte noch eine Bedeutung haben. Rituale sollten deshalb veränderbar und anpassungsfähig bleiben.
Vorschläge für Rituale im Schulalltag
1. Stundeneröffnungsrituale
Das Begrüssungsritual – und sei es nur das gegenseitige „Guten Morgen“-Wünschen – ist ein Zeichen für das Ende der Pause und den Beginn der neuen Schulstunde. Es signalisiert den Schülern, dass nun von ihnen erwartet wird, die Konzentration auf Sie und den Unterricht zu wenden und private Gespräche einzustellen.
Im Fremdsprachenunterricht bietet es sich natürlich an, sich in der jeweiligen Sprache zu begrüssen, während Grundschüler gerne ein Begrüssungslied singen. Das Aufstehen bei der Begrüssung empfinden viele heute als spiessig oder zu militärisch, andere schwören auf den aufrüttelnden Effekt und Bewegung schadet ohnehin nie :)
Mehr Tipps zum Thema Unterrichtseinstiege erhalten Sie Beitrag "Beispiele für einen guten Start in den Unterricht".
2. Wochenanfangsrituale
Die Schüler haben sich zwei Tage nicht gesehen und schon gibt es unglaublich viel zu erzählen. Um den Austausch in geregelte Bahnen zu bringen, können Sie einen Montagmorgenkreis für Schüler der Klassen eins bis vier einführen. Hier dürfen die Kinder von den Wochenenderlebnissen erzählen und Sie können z. B. den Wochenplan kurz durchsprechen.
Oder Sie signalisieren den Wechsel von Wochenende und Schulzeit durch die Vergabe der Klassendienste für die Woche.
3. Ruhezeichen
Lärm ist ein Problem, das Ihnen sicher täglich mehrfach begegnet. Für alle, die das ständige Ermahnen leid sind, ist ein Ruhezeichen eine zeit- und stimmschonende Alternative. Je nach Ihren eigenen Vorlieben können akustische Signale mit Tischglocken, Klangschalen, Zimbeln oder Klangstäben erzeugt werden. Handzeichen werden nicht gleich von allen bemerkt, haben aber den Vorteil, dass sie auch von Schülern eingesetzt werden können. Das Handzeichen ist das Signal für alle, es ebenfalls auszuführen und leise zu werden. Noch mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag "Weniger Lärm im Klassenzimmer durch Ruhesignale".Ruhesignale im Betzold Online-Shop
4. Symbolkarten
Sie können in Ihrer Klasse Symbolbilder für die unterschiedlichen Sozialformen und Handlungen einführen. Die Kinder wissen so sofort, was von ihnen erwartet wird und können sich ohne lange Erläuterungen, z. B. für Gruppenarbeitsphasen, Steh- oder Stuhlkreise, organisieren.
5. Ende einer Arbeitsphase
Geht eine Phase der Gruppen-, Partner- oder Stillarbeit zu Ende, können Sie Ihren Schülern durch eine vorher abgesprochene Melodie signalisieren, dass sie die Arbeit nun beenden, die Materialien leise aufräumen und an den eignen Platz zurückkehren sollen. Das sanfte ausklingen lassen der Arbeitsphase vermeidet Lärm und spart Zeit.
6. Bewegungs- und Entspannungspausen
Bemerken Sie, dass die Schüler grosse Probleme haben ruhig und konzentriert zu bleiben, können Sie eine kurze Bewegungspause einführen. Besonders gut eignen sich in solchen Situationen Aktivierungsspiele oder Entspannungsübungen wie z.B. eine Fantasiereise.
7. Wochenausgangsrituale
Unterrichtszeit ist meist knapp bemessen, dennoch lohnt sich die Gründung eines Klassenrats. Hier ist Raum für die Klärung von Konflikten, Anliegen, Anregungen und Lob. Komprimiert wird hier vieles geklärt, das sonst während des Unterrichts gelöst werden müsste.
Als Klassenlehrerin bzw. Klassenlehrer können Sie eine feste Stunde für den Klassenrat reservieren – gut geeignet ist der Klassenrat z. B. als Wochenausgangsritual. So können alle Probleme vor dem Wochenende geklärt werden. Die Themen werden vorher gesammelt und einem Schüler übergeben, der als Gesprächsführer bestimmt wurde. Zwei weitere Schüler sind für das Protokoll und die Beachtung der Regeln zuständig. Ein Klassenrat trägt zu einem positiven Klassenklima bei. Nebenbei trainieren die Schüler ihr Kommunikations- und Diskussionsverhalten.
8. Feste und besondere Tage
Ein Geburtstagritual ist besonders für jüngere Schüler ein persönliches Highlight im Schuljahr. Bestandteil können z. B. Lieder, das Vorlesen kurzer Geschichten, ein Spiel nach Wunsch des Geburtstagskinds oder Geburtstagspost von den Mitschülern sein.
Den jahreszeitlichen Ablauf können Feiertage, Klassen- und Schulfeste strukturieren. Sie tragen zur Identifizierung mit der Schule bei und die gemeinsamen Aktionen stärken die Klassengemeinschaft.
Zur Advents- und Weihnachtszeit kann beispielsweise das Klassenzimmer dekoriert werden, die Kinder „Wichteln“ und Lese-, Lieder oder Spiele-Adventskalender verkürzen die Zeit bis zu den Ferien.
Quellen und weiterführende Links:
- Forrefs: Sinnvolle Rituale für Schule, Klasse und Unterricht (Link nicht mehr aktiv, Anm.d.Red.)
- phase6 Magazin: 9 sinnvolle Rituale für den Unterricht
- Charlotte Mohnhoff: Rituale in der Primarschule. Eine ethnographische Fallstudie in einerjahrgangsübergreifenden Eingangsklasse
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