Eingewöhnung in der Peer-Gruppe
In diesem Eingewöhnungsmodell werden Kinder nicht einzeln in Kindergarten oder Kita eingewöhnt, sondern in einer kleinen Gruppe. Angelehnt an das Berliner Modell, findet die Eingewöhnung in Peer-Gruppen in immer mehr Kindergärten und Kitas ihre Anwendung. Was sind die Vorteile dieser Methode, die durch Kleingruppen definiert wird? Welche Nachteile verbergen sich hinter dieser Alternative zu den bewährten Eingewöhnungsmodellen?
Was bedeutet Peer-Gruppen-Eingewöhnung?
Basierend auf dem Artikel „In der Peer starten wir!“ von Heike Fink, die an der evangelischen Hochschule Ludwigsburg im Studiengang „Frühkindliche Bildung und Erziehung“ forscht und lehrt, wird die Eingewöhnung in der pädagogischen Praxis seit einiger Zeit durch die Peer-Eingewöhnung bereichert.
Das Wort „Peer“ kommt aus dem Englischen und bedeutet in Kombination mit dem Wort „Group“: Peer Group = eine Gruppe von Gleichaltrigen, in der das Individuum den sozialen Bezug in der Gruppe findet. Auf die Eingewöhnung bezogen, steht die Peer-Gruppe für mehrere Kleinkinder, die gemeinsam – einer Spielgruppe ähnlich – eingewöhnt werden und von 2 Erzieher:innen betreut werden.
Die Eingewöhnung in der Gruppe passiert also mit, je nach Alter der Kinder, 3-5 Kindern gleichzeitig. Entsprechend lernen sich auch die Sorgeberechtigten in der Eingewöhnung kennen und profitieren im besten Fall ebenfalls von der Gruppenbildung, da auch die Erwachsenen sich in dieser Transitionsphase austauschen und gegenseitig stärken können.
Wie viele Kinder sollten gleichzeitig an der Eingewöhnung in der Peer-Gruppe teilnehmen?
Die Anzahl der Kinder in der Peer-Gruppe hängt vom Alter der Kinder ab. Bei jüngeren Kindern sollte eine kleinere Anzahl gleichzeitig eingewöhnt werden, da hier die individuellen Bedürfnisse noch nicht durch Sprache ausgedrückt werden können. Empfohlen wird U2 eine Gruppengrösse von maximal 4 Kindern. Ab 2 Jahren kann die Gruppengrösse auf 5 Kinder erhöht werden. Abhängig ist die Gruppengrösse auch von den verfügbaren Erzieherinnen und Erziehern, welche die Gruppe in der Eingewöhnung begleiten. Da die Teammitglieder für die erste Zeit der Eingewöhnung fest an die Peer-Gruppe gebunden sind, sollte der Betreuungsschlüssel für die Bestandsgruppen weiterhin gesichert sein.
Unterschiede und Parallelen zum Berliner Modell der Eingewöhnung in Kindergarten und Kita
Auch die Eingewöhnung in der Peer-Gruppe orientiert sich im zeitlichen Ablauf am weit verbreiteten Berliner Modell und weist eine ähnliche Dauer auf.
Die grossen Unterschiede zum Berliner Modell liegen in der Anzahl der Kinder, die an der Eingewöhnung zeitgleich teilnehmen und an der Menge der Erzieher:innen in der Gruppe. Ausserdem werden die Kinder in der ersten Phase der Eingewöhnung in der Peer-Gruppe in einem separaten Raum von der Bestandsgruppe getrennt. Diese erste Phase dauert ca. 3 Tage.
In diesen 3 Tagen sind die Kinder sowie 2 Erzieher:innen und eine Bezugsperson je Kind im Raum anwesend. Diese ersten Tage drehen sich vor allem um das Ankommen in der Transitionsphase. Die Weichen für den Übergang in die Bestandsgruppe werden gestellt, es findet, nach den Vorbereitungsgesprächen, das Kennenlernen zwischen pädagogischen Fachkräften, Kindern und Bezugspersonen statt.
Der zeitliche Ablauf der Eingewöhnung in der Peer-Gruppe
Tag 1 bis 3: Diese Phase findet in einem eigenen Raum statt, in dem sich lediglich die Gruppe der Eingewöhnung aufhält (Kinder, Erzieher:innen, Bezugspersonen). Beziehungsaufbau und das Kennenlernen des Raumes stehen hier im Vordergrund.
Tag 4: Kann für manche Kinder – entsprechend des Fortschritts der Transition – eine kurze Trennung von der jeweiligen Bezugsperson bedeuten, wenn das Kind die entsprechenden Signale sendet und wenn es eine Beziehung zur Eingewöhnungsfachkraft aufgebaut hat. Genau wie im Berliner Modell wird ein Zeitfenster abgemacht, in dem sich die Bezugsperson entfernt und nach der abgesprochenen Zeit zurückkehrt.
Woche 2: In diesem Zeitrahmen erfolgt der Übergang der Peer-Gruppe in die Bestandsgruppe. Weitere Gruppenräume, der Garten oder andere Bereiche der Kindertagesstätte werden für die Peer-Gruppe geöffnet – dies erfolgt bedürfnisbezogen und individuell. Die Eingewöhnungsfachkräfte begleiten diesen Transitionsprozess und beobachten die Kinder, um ihre jeweiligen Bedürfnisse zu erfassen. Die Bestandskinder lernen die neuen Kinder der Gruppe kennen und nehmen sie auf.
Welche Bedeutung haben Peers für Kinder?
Die ersten sozialen Interaktionen und Beziehungen entstehen bei Kindern im familiären Rahmen. Die Sorgeberechtigten und der weitere Familienkreis sind für diese Basis in der sozial-emotionalen Entwicklung ab der Geburt enorm wichtig.
Basierend auf der Annahme, dass genau diese Bindung zu der jeweiligen Bezugsperson und der Aufbau von Vertrauen die wichtigsten Faktoren am Erfolg einer gelungenen Eingewöhnung sind, hat sich in den vergangenen Jahren das Berliner Eingewöhnungsmodell – also das einzelne Eingewöhnen von Kindern – in der Praxis durchgesetzt.
Wie wichtig Peers – also Gleichaltrige mit ähnlichen Erfahrungen und Kenntnissen – für Kinder jeden Alters sind, wird auch schon durch Jean Piaget in Bezug auf die frühkindliche Entwicklung betont.
Peer-Gruppen im Kleinkindalter fördern:
- soziale Interaktion, die gemeinsam ausprobiert und erlernt wird
- das Kennenlernen von Emotionen ausserhalb der eigenen emotionalen Entwicklung
- Kooperation in Spiel- und Lernsituationen
- das Üben von Konflikten auf Augenhöhe
- die Interaktion in sozialen Gruppen im Allgemeinen
- das Meistern von Transitionen durch das gemeinsame Erleben
Fazit
Die Peer-Eingewöhnung weist viele Vorteile für den Transitionsprozess der Kinder von der Betreuung zu Hause hin zur Betreuung in Kindergarten und Kita auf. Gemeinsam erleben die Kinder der Peer-Gruppe und auch die Eltern die ersten Tage in einem separaten Raum mit 2 fest eingeplanten pädagogischen Fachkräften.
Für die Eltern bietet sich die Gelegenheit, sich kennenzulernen und sich zu den Erfahrungen dieser spannenden Zeit auszutauschen.
Für die Kinder bedeutet die Peer-Gruppe, dass sie gemeinsam mit Gleichaltrigen erste Erfahrungen in der Betreuung ausserhalb ihres Zuhauses machen. Nicht nur die Erzieherin oder der Erzieher geben also Sicherheit, sondern auch die anderen Kinder der Kleingruppe werden als Fixpunkte wahrgenommen und bilden den sicheren Hafen.
Mögliche Hindernisse für die Eingewöhnung in der Peer sind wohl am ehesten die räumliche Situation der jeweiligen Einrichtung (da für die Peer ein separater Raum benötigt wird), die Personalsituation (da – je nach Anzahl der Peer-Kinder – ein bis zwei pädagogische Fachkräfte in den Bestandsgruppen nicht verfügbar sind) und die mögliche Skepsis seitens der beteiligten Eltern (da hier die Angst entstehen kann, dass ihr Kind nicht fokussiert genug begleitet wird).
Werden diese Hürden überwunden, steht einer erfolgreichen Eingewöhnung in der Peer-Gruppe nur noch wenig im Weg.
Quellen und Literatur:
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