Lärm in der Schule vermeiden
„Könnt ihr denn nicht zuhören?!“
Vielleicht haben Sie diese Frage Ihren Schülerinnen und Schülern schon einmal selbst gestellt – oder zumindest gedacht.
Und natürlich geht man in der Regel davon aus, dass die Kinder sehr wohl zuhören könnten – wenn sie nur wollten.
Aber nicht immer sind sie die Schuldigen: Lärm stört in vielen Schulen die Lehr- und Lernprozesse und beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit so sehr, dass Schülerinnen und Schüler tatsächlich nicht mehr zuhören können!
Welche Auswirkungen hat das auf den Unterricht und welche Massnahmen verbessern die Situation?
Lärm in der Schule schadet Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern
Messungen in Klassenzimmern ergeben regelmässig durchschnittliche Lärmpegel zwischen 60 und 80 dB (A).
Stellen Sie sich vor, Sie schalten im Klassenzimmer einen Staubsauger an – das entspräche etwa 70 dB (A). Besonders während der Pausen, in Mensen, Sport- und Werkräumen werden Werte erreicht, für die in industriellen Betrieben ein Gehörschutz vorgeschrieben wäre.
Diese Vergleiche allein machen deutlich, dass eine so hohe, dauerhafte Lärmbelastung ein Problem ist, das nicht nur die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit von Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern beeinträchtigt, sondern längerfristig auch der Gesundheit schadet.
Lärm wird häufig als grösster Stressfaktor genannt
Da überrascht es nicht, dass in einer Studie des Instituts für Interdisziplinäre Schulforschung (ISF) der Universität Bremen 80% der befragten Lehrkräfte angaben, sich durch Schullärm belastet zu fühlen:
Wie wirkt sich Lärm auf den Körper aus?
Empfinden wir Geräusche z.B. aufgrund von Lautstärke, Intensität oder Dauer als störend, spricht man von Lärm. Während sich unsere Nase an unangenehme Gerüche gewöhnen kann, denen wir über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind, ist das Ohr nicht zu einer solchen Gewöhnung fähig.
Dabei ist die Wahrnehmung von Lärm subjektiv und kann von weiteren (nicht-akustischen) Faktoren abhängen: Während den einen an manchen Tagen bereits jemand aus der Haut fahren lässt, der einen Kugelschreiber immer wieder drückt, bleibt der andere auch von dem Presslufthammer vor dem Fenster unbeeindruckt.
Vielleicht hatte die erste Person vor der Stunde ein unerfreuliches Elterngespräch, während die zweite gerade aus einer überaus produktiven Unterrichtsstunde kommt. Auch abgesehen von der aktuellen Stimmung reagieren manche Menschen sensibler auf störende Geräusche als andere und leiden schneller unter den Auswirkungen.
Noch schwieriger ist es für hörgeschädigte Menschen, Kinder mit Teilleistungsstörungen, Konzentrationsproblemen oder Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen.
Diese Auswirkungen können das Gehör direkt (aural) und indirekt die Gesundheit (extra-aural) beeinträchtigen: Schwerhörigkeit durch Schädigung der Haarzellen des Innenohrs oder des Hörnervs ist eine direkte Folge der Einwirkung von lauten Geräuschen auf das Gehör. Schon ab einer Beschallung mit 85 dB (A) kann das Gehör Schaden nehmen. Diese Grenze wird in Klassenzimmern zwar nicht häufig überschritten, aber durchaus in Werkräumen oder Sporthallen.
Viel häufiger kommt es zu einer extra-auralen Beeinträchtigung der Gesundheit, für die bereits viel niedrigere Lärmpegel verantwortlich sind:
Schon leise Geräusche oder hallige Räume verursachen eine Störung der Kommunikation. Die Schülerinnen und Schüler können Sie nicht gut verstehen und werden noch unruhiger. Die Folge: Sie sprechen lauter, aber damit hebt sich der Geräuschpegel ebenfalls weiter – von der Belastung Ihrer Stimme ganz zu schweigen. Die Lärm-Schraube beginnt sich zu drehen:
Besonders schwierig wird die Situation bei Gruppenarbeiten: Wenn jede Gruppe die Gespräche der anderen übertönen muss, schraubt sich der Geräuschpegel schnell in die Höhe. Das allgemeine Wohlbefinden, die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit werden beeinträchtigt. Die Klasse und Sie sind abgelenkt und machen mehr Fehler.
Das alles belastet den Körper und führt zur Ausschüttung von Stresshormonen. Ist der Körper diesem Zustand über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, kann die Gesundheit darunter leiden: Schwitzen, Schlafstörungen, Verspannungen, Magen- und Darmprobleme, ein geschwächtes Immunsystem oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mögliche Folgen. Die Liste liesse sich noch fortsetzen.
Schon kurze Erholungsphasen bauen Lärmstress ab. Regen Sie doch an, Schüler/innen- und Elterngespräche auf bestimmte Pausen zu reduzieren, um auch für sich kleine Ruhephasen zu schaffen. Der ideale Ort für kurze „Ruhepausen“ sind spezielle Rückzugs- oder Ruheräume, die inzwischen an immer mehr Schulen eingerichtet werden.
Dabei ist Lärm durch eine Kombination aus pädagogischen Massnahmen und einer Verbesserung der Raumakustik, die schon mit günstigen Mitteln erreicht werden kann, gut „einzudämmen“.
So senken Sie den Lärmpegel in Ihrer Klasse!
Um zu verstehen, wie Geräusche entstehen und was gegen Störgeräusche, also Lärm, unternommen werden kann, hilft ein kleiner Ausflug in den Physikunterricht:
Geräusch- bzw. Schallquellen verursachen Luftdruckschwankungen. Die in Schwingung versetzte Luft breitet sich in Form von Schallwellen aus. Treffen die Schallwellen auf einen Empfänger, z.B. unser Ohr, können wir die Druckschwankungen als Geräusche wahrnehmen.
Als akustisch besonders unangenehm empfinden wir Räume, in denen die Schallwellen direkt zurückgeworfen werden und die Nachhallzeit des Schalls dadurch sehr hoch ist, wie in einer leer stehenden Wohnung. Wände, Böden und Decken aus harten, glatten Materialien, wie z.B. Beton und Glas, verstärken den Effekt.
Gemäss DIN-18041 „Hörsamkeit in kleinen bis mittelgrossen Räumen“ sollte in Klassenzimmern eine Nachhallzeit von 0,55 Sekunden eingehalten werden. Gemessen werden in nicht akustisch optimierten Räumen aber oft 2 Sekunden und mehr.Die Sprachverständlichkeit ist allein durch den Hall bereits eingeschränkt, ohne dass andere störende Geräusche existieren. Sie sprechen gegen den Nachhall Ihrer eigenen Stimme an und müssen immer lauter werden, um gehört zu werden. Und schon stehen wir am Anfang unserer „Lärm-Schraube“.
Am besten ist es, man achtet bereits beim Bau von Schulgebäuden auf die Raumakustik. Ein Beispiel für ein solches Projekt ist die „Schule im UFO“ in Velbert. Hier wurden für die Klassenzimmer auch leicht gekrümmte Wände geplant. Sie werfen den Schall nicht direkt zurück, sondern streuen ihn.
Verbesserung der Raumakustik
Aber auch an bestehenden Schulen kann der Hall mit Hilfe einer akustisch sinnvollen Schulausstattung nachträglich aus den Räumen genommen werden:
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Teppichboden:
Ein (den Brandschutzvorschriften entsprechender) Teppichboden oder einzelne Teppiche absorbieren Geräusche und dämmt Tritte, Stühlerücken oder Geräusche, die beim Abstellen und Herunterfallen von Objekten entstehen.
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Lärmschutz-Stellwände:
Schallschutz-Stellwände sind ideale Schallabsorber zum Lärmschutz in Räumen. Sie reduzieren nicht nur den Nachhall, sondern können auch als Sichtschutz, Raumteiler und Pinnwände Präsentationen genutzt werden.
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Schallabsorber:
Noch bessere schallabsorbierende Eigenschaften weisen flexibel anzubringende Wand- und Deckenelemente (z.B. Xilent-Schallabsorber) aus schwer entflammbaren Schaumstoffen aus.
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Akustikdecken:
Die gelochten Deckenelemente können ebenfalls nachträglich angebracht werden.
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Möbel und andere Einrichtungsgegenstände:
Jeder zusätzliche Einrichtungsgegenstand verkürzt die Nachhallzeit eines Raums: z.B. Regale, mit den Kindern gebastelte Objekte an Decke oder Wände hängen, Vorhänge (auch hier muss auf den Brandschutz geachtet werden) oder Bilder.
Im Rahmen der zu Beginn unseres Beitrags erwähnten Studie des ISF wurde die Raumakustik von ausgesuchten Klassenzimmern saniert und die Wirkung auf die Nachhallzeit gemessen. Besonders bemerkenswert war die Feststellung, dass der Schallpegel physikalisch nur um 3 dB (A) reduziert wurde, die gemessenen Werte aber eine Verringerung um 6 bis 8 dB (A) ergab. Was ist der Grund für dieses „Akustik-Wunder“?
Die Wissenschaftler gehen von einer Wechselwirkung zwischen der verbesserten Sprachverständlichkeit durch den geringeren Nachhall und einer daraus resultierenden Veränderung des Schülerverhaltens aus: Da die Kinder sich und ihre Lehrerinnen und Lehrer besser verstehen, mussten sie selbst nicht mehr so laut reden.
Diese doppelte Wirkung zeigt, wie wirkungsvoll eine Nachrüstung mit schallabsorbierenden Elementen ist!
Die Ausstattung von Schulräumen mit Teppichböden, Decken- und Wanddämmungen hilft aufkommende Geräusche abzuschwächen, noch besser wäre es natürlich, diese erst gar nicht entstehen zu lassen.
Das sind Ihre Vorteile:
- Schüler/innen und Lehrer/innen konzentrieren sich besser.
- Das gesprochene Wort wird leichter verstanden.
- Die Leistungsfähigkeit wird gesteigert.
- Kinder verarbeiten Informationen schneller und besser.
- Eine gesundheitliche Belastung durch Lärm wird verhindert.
- Ein angenehmes Lern- und Lehrklima wird geschaffen.
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Verminderung von Störgeräuschen
In Schulräumen werden Geräusche in erster Linie durch die Stimmen der Kindern und der Lehrkräfte hervorgerufen. Diese werden zudem z.B. durch Stühlerücken, aktive Elektrogeräte, Herumsuchen in der Schultasche oder dem Öffnen und Abstellen von Getränkeflaschen erhöht.
Durch die hohe Anzahl der Geräuschquellen werden Laute zu Lärm!
Manches ist einfach zu beheben:
- Wenn kein Teppichboden vorhanden ist, können Filzgleiter den Tischen und Stühlen das „Nervpotential“ nehmen.
- Das laute Anschlagen von Türen gegen Wände verhindern Türpuffer.
- Und brummende Neonröhren sollten Sie sofort austauschen.
- Dagegen ist das Tuscheln, Schwätzen und Zwischenrufen nicht so einfach aus der Welt zu schaffen. Das Aufstellen von Klassenregeln unterstützt Sie und gibt den Schülerinnen und Schülern Strukturen vor, an denen sie sich orientieren können. Zugleich sollten Sie bei den Schülern aber auch Verständnis für die Regeln durch die Aufklärung über Lärm und seine gesundheitlichen Folgen schaffen.
Einige Ideen haben wir für Sie zusammengetragen:
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Hörförderung:
Aktionen zum bewussten Zuhören und Differenzieren von Geräuschen
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Stimmtraining:
Übungen zum Entspannen der Stimme, Atemtraining, verständliches Sprechen
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Ruhezeichen:
In Form von Ruheritualen können Sie optische oder akustische Ruhezeichen etablieren. Sie dienen als Signal für die Schüler, dass es im Klassenzimmer zu laut geworden ist und sie leiser werden müssen. Mehr Infos erhalten Sie im Beitrag: „Weniger Lärm im Klassenzimmer durch Ruhesignale“.
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Im April findet der „Tag gegen Lärm – International Noise Awareness Day“ statt:
Auch Schulen sind dazu aufgerufen, Aktionen rund um das Thema Lärm zu veranstalten. Wenn sich Ihre Schule beteiligen möchte, finden Sie Informationen auf der Homepage www.tag-gegen-laerm.de.
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Integration in den Unterricht:
Anknüpfungspunkte gibt es v.a. zu den naturwissenschaftlichen Fächern oder an das Thema Gesundheit.
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Bewegung als Ausgleich
Kinder brauchen Bewegung als Ausgleich zu den ruhigen Arbeitsphasen. Bewegungspausen im Unterricht sind deshalb wichtig. Einige Anregungen finden Sie im Beitrag "Bewegungspausen: Ideen für Spiele und Übungen".
Lärm sichtbar machen
Oft ist es Schülerinnen und Schülern (und vielleicht auch Ihnen) gar nicht bewusst, wie laut es im Klassenzimmer ist. Hier helfen Instrumente zur Messung des Schalldrucks. Schallpegelmesser zeigen den Schalldruckpegel in Dezibel an. Die professionellen Geräte eignen sich besonders für Schalldruck-Experimente.
Ein besonderer Schallpegelmesser ist die Lärmampel und das Lärmlicht. Sie unterstützten bei der Einhaltung von Lärmregeln, denn sie machen den Lärm „sichtbar“ und sind objektiv:
Optisch gleicht die Lärmampel einer Verkehrsampel und nutzt die bekannte Farbsymbolik (grün = Lautstärke in Ordnung, gelb = Achtung, es wird zu laut, rot = zu hohe Lautstärke). Bei vielen Geräten ist es möglich, die Grenzen für ein Umschalten der Ampel selbst festzulegen.
Eine Lärmampel kann für Sie das lästige Ermahnen, leiser zu sein, übernehmen :)
Alternativ schont auch eine Glocke als Signal zum leiser werden die Stimme. Wichtig ist, dass Sie die Lärmampel in die Lärmregeln integrieren. Sie können Belohnungen festlegen, wenn die Ampel während einer Stunde nicht auf gelb springt oder negative Konsequenzen für eine rote Ampelanzeige festlegen.
Manchmal hilft aber auch das Gegenteil von Ruhe gegen den Stress: Einfach mal alles laut herausschreien – aber vielleicht besser ausserhalb der Schule, denn Schreien entlastet nur den aktiven Part, für die unfreiwilligen Zuhörer ist es nichts anderes als Lärm …
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