Kinderyoga in der Schule
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
- Was unterscheidet Yoga für Erwachsene von Kinderyoga und was ist ihnen gemeinsam?
- Was ist Kinderyoga und wie werden Kinder an Yogaübungen herangeführt?
- Ab welchem Alter können Kinder mit den Übungen beginnen?
- Was kann Yoga für Kinder bewirken?
- Welche Vorteile haben regelmässige Yogaeinheiten für den Unterricht?
- Kinderyoga: mit der ganzen Klasse oder in kleinen Gruppen?
- Was benötigt man, um die Übungen durchzuführen?
- Wie läuft eine Kinderyogastunde ab?
- Gibt es Yoga-Weiterbildungen für Pädagoginnen und Pädagogen?
- Claudia Rühles Weg zur Kinderyogalehrerin
- Was macht bei der Arbeit als Kinderyogalehrerin am meisten Spass?
Interview mit der Kinderyogalehrerin Claudia Rühle
Dass Yoga vielfältige positive Effekte auf unsere seelische und körperliche Gesundheit hat, hat sich längst herumgesprochen. Diese Wirkung ist aber nicht nur auf Erwachsene beschränkt: Schon Kinder können von den Übungen profitieren!
Um zu erfahren, was man denn unter Kinderyoga versteht, welche Vorteile sich besonders für Schulkinder ergeben und wie Sie als Lehrerinnen und Lehrer Yogaübungen in den Unterricht integrieren können, haben wir uns mit einer Expertin unterhalten:
Claudia Rühle ist Kinderyogalehrerin in Berlin und bildet auch Pädagoginnen und Pädagogen in diesem Bereich weiter, damit diese die verschiedenen Yogaelemente bei ihrer Arbeit mit Kindern einsetzen können.Claudia, was unterscheidet Yoga für Erwachsene von Kinderyoga und was ist ihnen gemeinsam?
Die Gemeinsamkeit zwischen Yoga für Kinder und Erwachsene ist der Begegnungsraum für Stille und Entspannung in dem man sich selbst im Hier und Jetzt spüren kann. Der Unterschied zwischen Kinderyoga und Yoga für Erwachsene liegt in der Vermittlung des Yogas.
Was können wir uns unter Kinderyoga vorstellen und wie führst du die Kinder an die Yogaübungen heran?
Kinder „spielen“ Yoga und gehen dabei ihrem natürlichen Bewegungsdrang nach. Eine Kinderyogastunde wird mit Geschichten, Liedern, Ritualen und Spielen aufgebaut. Sie ist spontan und lebendig und hat auch viel Platz für die Ideen der Kinder. Sie lieben es, sich in die Tiere zu verwandeln, die die Yogapositionen darstellen.
Kinder lernen schnell und ahmen die Übungsleitung einfach durch gemeinsames Ausprobieren und Wiederholen nach, sodass lang andauernde Erklärungen zu den Yogapositionen wegfallen können.
Da ihr Herz-Kreislauf-System viel kleiner ist als das der Erwachsenen, tritt die Wirkung der Yogaübungen bei Kindern auch viel schneller ein. Aus diesem Grund werden die Übungen nur kurz gehalten. Auch in den Entspannungsphasen brauchen sie weniger Zeit, um zur Ruhe zu kommen, da Herz und Kreislauf schneller runterfahren können.
Um mit Kindern Yoga zu üben, ist es wichtig, den jeweiligen Entwicklungsstand zu berücksichtigen. Je kleiner sie sind, desto spielerischer müssen Yogaübungen vermittelt werden. Mit zunehmendem Alter kann der spielerische Anteil zurückgehen. Mir persönlich ist im Kinderyoga besonders wichtig, dass die Bewegungsfreude und Fantasie der Kinder geweckt wird und erhalten bleibt.
Ab welchem Alter können die Kinder mit den Übungen beginnen?
Es gibt bereits Bewegungsangebote zum Yoga für Babys mit ihren Müttern, für Kinder ab 6 Monaten, Toddler-Yoga für Kleinkinder, Kinderyoga in Kitas für die zwei- bis vierjährigen und für die Vorschüler.
Die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen Yoga für Kinder ab 6 Jahren zwei Mal im Kalenderjahr als Präventionsmassnahme, durchgeführt von ausgebildeten Yogalehrern unter bestimmten Voraussetzungen.
Was kann Yoga für die Kinder bewirken?
Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass Elemente des Yogas bei Kindern besonders gut auf die Entspannung, Konzentration und die motorischen Fähigkeiten wirken, eine bessere Körperhaltung bedingen und die Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten.
Die Übungen helfen, die Grob- und Feinmotorik der Kinder und ihre Koordinationsfähigkeit zu verbessern. Sie lernen, sich zu entspannen und ihre Emotionen zu kontrollieren.
Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Schlafprobleme, die bereits auftreten können, nehmen ab. Das Immunsystem wird gestärkt, die Durchblutung verbessert, es gibt positive Wirkungen auf Atmung und Lungen, Stoffwechsel und Verdauung.
Beim Yoga lernen die Kinder, ihre Körperempfindungen und Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Das können sie auch bei den anderen Kindern beobachten. Im Kinderyoga mit allen Sinnen im Hier und Jetzt und bei sich zu sein und sich selbst zu fühlen, anstatt in ein bewertendes Miteinander zu gehen, ist das höchste Ziel.
Welche Vorteile können regelmässige Kinderyogaeinheiten für den Unterricht haben?
Ich konnte einen grossen Unterschied in den Yogastunden zwischen Kita-Kindern und den Schulkindern ab der ersten Klasse beobachten: Durch das lange Sitzen und Lernen sind einige Grundschüler in den Yoga AGs unruhiger, hibbeliger und manchmal auch unaufmerksamer als Kita-Kinder. In den Kitas sind zeitlich lange Phasen des freien Spiels, der Bewegung und Entspannung im Tagesablauf integriert, das fällt im Schulalltag plötzlich weg.
Yoga bietet Kindern einen idealen Ausgleich zu Stress, Bewegungsmangel und Kopflastigkeit, was im Schulalltag öfters auftritt. Nach Entspannung kann man sich bekanntlich besser konzentrieren.
Neben der Förderung auf körperlicher Ebene, wirkt Yoga auch auf geistiger Ebene. Das Zusammenspiel beider Gehirnhälften, Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis und geduldige Ausdauer beim Lösen von schwereren Aufgaben werden durch Yoga verbessert.
Da in der Zukunft immer mehr Computer und die künstliche Intelligenz Aufgaben übernehmen werden, müssen ganz spezifische menschliche Fähigkeiten erhalten bleiben, um dann noch konkurrenzfähig zu sein – das sind Empathie und Kreativität. Beides wird durch Kinderyoga gefördert.
Übrigens entspannen die Lehrer bei den Yoga- und Achtsamkeitsübungen gleich mit.
Können die Übungen mit der gesamten Klasse gemacht werden oder sind kleinere Gruppen besser geeignet?
Einige Elemente des Yogas, wie z. B. Standpositionen, eingebettet in Lieder und Spiele, Atemübungen, geleitete Meditationen und Entspannungssequenzen mithilfe von autogenem Training, progressiver Muskelentspannung und kleinen Massagen, können als auflockernde Rhythmisierung von drei bis zehn Minuten im Klassenverband in die Unterrichtsstunde einfliessen, um diese aufzulockern.
Als wöchentliche Kinderyoga AG empfiehlt sich, dass die Gruppengrösse 15 Kinder nicht übersteigt. So eine AG ist meistens 45 Minuten lang.
Was benötigt man, um die Übungen durchzuführen?
Prinzipiell kann man grosse Teile des Yogarepertoires sofort und überall ohne Hilfsmittel durchführen: Im Klassenraum auf dem Sitzplatz oder stehend neben dem Tisch, draussen in Wartepausen – den Körper hat man ja immer dabei.
Wenn man Yoga mit Kindern als geschlossene Unterrichtseinheit durchführt, braucht man einen sauberen Raum, der nicht allzu viele Ablenkungsmöglichkeiten birgt.
Yogamatten sind zunächst noch nicht erforderlich. Hauptsache ist, jedes Kind hat einen Sitzplatz auf dem Boden, der durch eine Art Matte oder eine andere Sitzgelegenheit markiert wird. Der Boden rundherum wird auch genutzt.
Schön ist eine Art liebevoll gestaltete Mitte als Ankerpunkt, um die man mit den Kindern in Kreisform angeordnet sitzt. Frontalunterricht wird vermieden und eine kreative Gruppendynamik kann entstehen.
Zusätzlich empfiehlt sich noch der Einsatz von Yogakartensets, sodass die Kinder eine visuelle und kindgerechte Vorstellung über die Yogapositionen bekommen.
Besonders sinnvoll ist der zusätzliche Einsatz von yogischen Klanginstrumenten. Die Benutzung von Klangschalen, Kalimbas und Shantis ist für Erwachsene sehr leicht erlernbar. Die Klangschwingungen harmonisieren die Kinderkörper eindrucksvoll schnell, sodass Unterricht in yogischer Stimmung über die Yogazeit hinausgehen wird.
Zusatzmaterialien, wie Kissen, Decken, Blöcke und Gurte, wie man es aus dem Erwachsenenyogaunterricht kennt, sind für Kinderyogakurse eher nicht erforderlich.
Wie läuft eine Kinderyogastunde ab?
Jede Kinderyogastunde beginnt mit einem Begrüssungsritual, um erst einmal im Kreis zusammenzukommen.Dann gibt es bei mir das Aufwärmen mit Sonnengrüssen oder Bewegungsliedern bevor jede Stunde zu einem anderen Thema eine Bewegungsgeschichte mit Yogaelementen und immer wieder auch kurzen Wahrnehmungsübungen durchgeführt wird.
In der Mitte der Yogastunde gibt es eine Entspannung im Liegen, die durch so genannte Traum- oder Fantasiereisen von mir persönlich gesprochen und mit Klang und Tönen begleitet wird. So eine Entspannung kann drei oder auch mal zehn Minuten dauern.
Es ist sinnvoll, Aktiv- und Ruhephasen im Wechsel durchzuführen. Werden Kinder ohne vorherige Bewegungsmöglichkeit in Entspannungsübungen gezwungen, sind sie unruhig und unkonzentriert.
Nach der Entspannungsphase gibt es also wieder eine aktive Phase, in der die Kinder ihre Fantasie mit einbringen können.
Die Partnermassage am Ende darf natürlich nicht fehlen, die Kinder fordern diese immer wieder ein. Das kurze Abschiedsritual im Kontaktkreis rahmt jede Kinderyogastunde.
Spontaneität und Fantasie sind in Yogastunden für Kinder besonders wichtig. Stundenkonzepte sind hilfreich und wichtig, sollten den Unterricht aber nicht bestimmen, sonst ist man nicht mehr bei den Bedürfnissen der Kinder, sondern klebt streng an den Notizen und Plänen.
Noch mehr Einblicke gibt dieses Video mit Claudia Rühle:
Welche Möglichkeiten zur Weiterbildung bietest du für Pädagoginnen und Pädagogen an, um selbst Kinderyogaübungen in den Schulalltag einbinden zu können?
Die gerade im Handel erschienene DVD vom 5W Verlag mit mir und meinen Yogakindern bietet einen ersten fundierten und inspirierenden Einblick in die Yogapraxis mit Kindern.
Die DVD-Box „Kinderyoga – spielerisch entspannte Kids“ enthält drei DVDs zu den Themen:
– Im Weltraum: Yoga, um munter am Morgen zu werden
– Bei den Indianern: Yoga zum Austoben am Tag
– Am Meer: Entspannendes Yoga am Abend
Ausserdem enthalten ist eine CD mit allen Liedern, der Traumreise und verschiedenen Atem- und Entspannungsübungen.
Mit den vielen abwechslungsreichen und kindgerechten Yoga-Übungsreihen wird es nie langweilig! Die Übungen fördern die Konzentration und Aufmerksamkeit der Kinder.
Weitere (ent)spannende Produkte im Betzold Online-Shop entdeckenMit persönlicher Yogapraxis und Erfahrungen im täglichen Umgang mit Kindern, ist es sehr leicht, Kindern Yoga nahezubringen. Daher dauert die zertifizierte Ausbildung zum Kinderyogalehrer bei mir nur ein Wochenende (Samstag und Sonntag) und ist im Gegensatz zu anderen Kinderyoga Ausbildungen praxisorientiert und auf die Methodik und Didaktik des Yogaunterrichts für Kinder ausgerichtet.
Zusätzlich bekommt jeder Teilnehmer ein Starterset, bestehend aus meinem eigenen Kinderyoga Dokumentationsfilm, einem umfangreichen Handbuch, Ausmalbilder für eine starke Körperhaltung sowie Partneryoga und Acro Yoga sowie Yogafrosch, Herzen und Kärtchen, sodass man direkt nach dem Wochenende loslegen kann.
Das Kinderyoga auch Erwachsenen besonders Spass macht, hat sich herumgesprochen. Die zeitlich vorteilhaften Wochenendausbildungen erfreuen sich über die Grenzen Deutschlands hinaus immer grösserer Beliebtheit.
Wie kam es eigentlich dazu, dass du Kinderyogalehrerin wurdest?
Die Idee, Yoga für Kinder zu unterrichten, kam mir vor knapp 9 Jahren als Teilnehmerin in einer Yogastunde. In der Endentspannung war es so, als wenn mir eine Stimme von oben oder innen flüsterte: „Yoga für Kinder“.
In mir schwelte damals schon lange die Frage, was der sinnvollste berufliche Beitrag sein kann, den ich für die Gesellschaft leisten kann; ich wollte keine Abstriche machen. Kinderyoga erfüllt ausnahmslos alle Kriterien: Höchste ethische Werte für eine friedvolle Welt und ganzheitliche Gesundheitsförderung mit einer nachhaltigen Methode, die ein Leben lang praktiziert werden kann.
Mich persönlich hätte Yoga in meiner Kindheit körperlich besser unterstützen können, als physiotherapeutische Übungen auf der Massageliege oder das Sportattest wegen meiner Skoliose. Damals wurde mir nur die Übung „Katze-Kuh-Rücken“ verordnet. Ich spürte bereits, dass das nicht alles sein könne.
Dass sich aus meiner fixen Idee und einer kleinen Nebenberuflichkeit meine Berufung entfalten würde und ich als Ausbilderin von Multiplikatoren mit meinen YouTube Videos und DVDs viele Kinder erreichen kann, ist eine Entwicklung, die mich sehr erfreut. Es lohnt immer, auf die innere Stimme und das Bauchgefühl zu hören.
Verrätst du uns, was dir bei deiner Arbeit als Kinderyogalehrerin am meisten Spass bereitet?
Am meisten Spass macht mir, dass die Kinder und ich so oft situativ-kreativ sein können und dass mich die Kinder in all den Jahren in meiner persönlichen Entwicklung tief herausgefordert haben. Ich lernte mein körperliches Geschick an ihre Anforderungen anzupassen und meine Stimme so zu trainieren, dass ich beim vielen Unterrichten nicht mehr heiser werde. Mit Kindern kann es einfach gar nicht langweilig werden.
Liebe Claudia, vielen Dank für das Interview!
ÜBER CLAUDIA RÜHLE
Claudia Rühle ist ausgebildete Yogalehrerin (BYV) und gibt seit 2010 als mobile Kinderyogalehrerin Kinderyogastunden in Kita- und Horteinrichtungen in Berlin und seinem Umland.
2016 eröffnete sie das Yogastudio „Infinity Sunlight“ in Berlin-Friedrichshain.
Ein besonderes Angebot für Pädagoginnen und Pädagogen sind ihre Seminare zur Methodik und Didaktik der Yogaübungen für Kinder sowie zur Planung und Durchführung von kindgerechten Übungseinheiten.
Sie gibt krankenkassenbezuschusste Yoga-Präventionskurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Seit 2016 ist Claudia Rühle zudem im DFG Forschungsprojekt „Frühe Kindheit und Smartphones“ der Universität Siegen als Video-Ethnografin tätig.
Über ihren Online-Shop können Sie die durch sie herausgegebenen Kinderyoga Malbücher, ihre Yogapuppenkollektion „Kuschelgötter“, Augenkissen und Kinderyoga Startersets für den Unterricht beziehen.
Weitere Informationen zu den vielfältigen Angeboten von Claudia Rühle rund ums Kinderyoga erhalten Sie auf der Homepage von Sunlight Kids Yoga.
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