Gesunde Ernährung in der Schule
Schulessen in Form von warmen Mahlzeiten, die in der Schulmensa angeboten werden, gibt es an immer mehr Schulen. Häufig diskutiert werden die Fragen "Was darf Schulessen kosten?", "Werden gesunde, ausgewogene Mahlzeiten angeboten?" und "Schmeckt die Schulverpflegung?"
Obwohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schon vor Jahren einen "Qualitätsstandard für die Schulverpflegung" festgelegt hat, hinkt die Realität an vielen Schulen diesem Anspruch hinterher. Warum das so ist, wie es um die Schulverpflegung bestellt ist und welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt, erfahren Sie hier.
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
Gesunde Ernährung ist wichtig – das wissen wir alle. Und zumindest auf dem Papier einer Umfrage der Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA) aus dem Jahr 2020 ist die Mehrheit der Deutschen bereit, höhere Kosten für gesundes Essen in Kauf zu nehmen:
Eine unausgewogene Ernährung schadet der Gesundheit
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Essen wir häufig unregelmässig, übermässig oder einseitig, schadet das unserer Gesundheit! Ernährungsinduzierte Krankheiten sind in den westlichen Industrienationen auf dem Vormarsch. Zu diesen zählen u.a. verschiedene Krebsarten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkprobleme und Diabetes mellitus.
Dabei treten zahlreiche Erkrankungen in Verbindung mit Übergewicht auf. Besonders in Anbetracht der langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen ist das Ergebnis der KiGGS-Studie besorgniserregend: 9,5% der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren sind übergewichtig, 5,9% adipös. Ursachen sind neben mangelnder Bewegung und Stress v.a. eine falsche Ernährung.
Auch über die Schulen besteht die Möglichkeit hier gegenzusteuern. Da eine wachsende Zahl von Kindern, die ganztags unterrichtet werden, in den Schulen Pausensnacks, Mittagsmahlzeiten und Getränke zu sich nehmen, haben Schulen eine Verantwortung für die Bereitstellung eines ausgewogenen Nahrungsmittelangebots für die Schüler.
Initiativen für besseres Schulessen
Zumindest haben die Regierungen von Bund und Ländern die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung in der Schule im Hinblick auf die positiven Auswirkungen auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit wahrgenommen. Fördergelder wurden bewilligt und Initiativen ins Leben gerufen:
Das Projekt der Initiative IN FORM „Schule + Essen = Note 1“ bietet Infobroschüren, Seminare, Rezepte und Speisepläne rund um eine ausgewogene Ernährung in der Schule an. Ausserdem finden Sie hier eine Referenzkarte mit zertifizierten Einrichtungen und Caterern.
Im Rahmen des Projekts wurde zudem durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) ein Qualitätsstandard für die Schulverpflegung erarbeitet. Gemüse, Salat, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Getreideprodukte stehen hier im Vordergrund. Fleisch, Wurst und Kartoffelerzeugnisse sollen dagegen höchstens einmal pro Woche auf dem Speiseplan stehen. Als Getränk wird Mineralwasser empfohlen.
Die Vertreter aus Wissenschaft und Schulpraxis hatten aber nicht nur ein ausgewogenes Angebot von Nahrungsmitteln im Blick, sondern auch die Bereitstellung von kostenlosen, kalorienarmen Getränken und die Schaffung einer Essensatmosphäre, in der sich die Schüler wohlfühlen. Zuletzt rückte auch das Thema "Nachhaltigkeit" verstärkt in den Blickpunkt.
Als Ansprechpartner wurden von IN FORM in allen Bundesländern „Vernetzungsstellen zur Schulverpflegung“ geschaffen, die Hilfestellungen für die Bereitstellung einer guten Verpflegungsqualität geben. Auf Bundesebene ist 2016 das "Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule" (NQZ) als zentraler Ansprechpartner für die Vernetzungsstellen eingerichtet worden.
Informationen erhalten Sie auch beim Deutschen Netzwerk für Schulverpflegung e.V. (DNSV), das sich ebenfalls für eine Verbesserung der Qualität der Schulverpflegung einsetzt.
Allerdings ist die Umsetzung des DGE-Qualitätsstandards nicht in allen Bundesländern verpflichtend. Das ist Stand Dezember 2020 nur in Berlin, Thüringen, Bremen, Hamburg und dem Saarland (für Ganztagsschulen) der Fall. Das trägt dazu bei, dass Schulessen in Deutschland keine einheitliche Qualität hat. Ist eine ausgewogene Schulverpflegung vielleicht aufgrund des Preisdrucks nicht zu leisten?
Was kostet Schulessen?
Die 2019 veröffentlichte KuPS-Studie (Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung) ermittelte im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bundesweit folgende durchschnittliche Preise, die Eltern für Mittagsmahlzeiten bezahlen müssen:
- Primarschulen: 3,22 Euro
- weiterführende Schulen: 3,45 Euro
- Förderschulen: 3,31 Euro
Der tatsächliche Mahlzeitenpreis inkl. Lebensmittel- und Personalkosten sowie Betriebs-, Investitions- und Verwaltungskosten liegt meist jedoch höher. Das Essen muss deshalb ggf. von den Schulträgern oder durch das Bundesland bezuschusst werden. In der Regel entscheiden die Schulträger nach einer Ausschreibung, welcher Anbieter an der oder für die Schule kocht und wie viel Geld dafür ausgegeben werden soll. Die Zuschüsse betragen je nach Schulträger zwischen 0 Euro und 2,50 Euro.
In der KuPS-Studie wurden die Kosten für eine dem DGE-Qualitätsstandard entsprechenden Mahlzeit exemplarisch für eine Primarschule mit 200 ausgegebenen Mahlzeiten wie folgt veranschlagt: Je nach Verpflegungssystem würden zwischen 5,03 Euro bei Warmverpflegung (Kombination von Eigen- und Fremdbewirtschaftung) und maximal 5,65 Euro bei Anlieferung von Kühlkost (Fremdbewirtschaftung) anfallen. Eine Umsetzung des DGE-Qualitätsstandards würde demnach nur eine geringe Preissteigerung zur Folge haben.
Für viele Kinder wären die Preise aber viel zu hoch, um sie regelmässig zu bezahlen. Überall dort, wo Länder und Kommunen die Schulverpflegung nicht oder nur in geringem Ausmass bezuschussen, hat dies zur Folge, dass an allen Ecken und Enden gespart werden muss. Dass das Schulessen unter diesen Voraussetzungen keine optiimale Qualität aufweisen kann, liegt auf der Hand.
Der Anspruch an das Schulessen ist oft weit von der Realität entfernt
Der hohe Preisdruck führt dazu, dass die Empfehlungen der DGE an Vielfalt, Qualität von Nahrungsmitteln und deren Zubereitung oft nicht umgesetzt werden können. Der Spass am Essen bleibt auf der Strecke, wenn das Menü gar zu lieblos auf die Teller geschüttet wird, der Salat bereits matschig oder das Hähnchenfleisch nach sechs Stunden Warmhaltung jede Saftigkeit verloren hat.
Das bestätigte die Studie EsKiMo II (2015-2017). Neben Erkenntnissen zum Essverhalten ergab sich ein vermutlich wenig überraschendes Ergebnis: Das Mittagessen in der Schule wird von vielen der befragten 6- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen abgelehnt. 86,8% haben Zugang zu Schulessen, doch nur 37,4% nutzen das Angebot. Über 30% der 12-bis 17-Jährigen gab als Grund dafür an, dass das Essen dort nicht schmecke. Das Angebot war für knapp 20% ein Grund der Mensa fern zu bleiben. Auch die Länge der Pausen, der Preis und die Organisation wurden als negative Faktoren genannt.
Zu wenig Gemüse, Fisch und Vollkornprodukte
Auch die Nestlé-Studie „So is(s)t Schule“ von 2010 kam zu dem Ergebnis, dass - neben langen Warmhaltezeiten, Lärm und ungemütlichen Räumlichkeiten - in vielen Mensen das Angebot verbesserungsfähig ist: 40% der in der Studie befragten Schüler gaben an, dass mittags nur selten Obst zur Verfügung gestellt wird. Auch Fisch sei nur ein rarer Gast auf den Schulspeisekarten.
Nicht nur die Gesundheit leidet langfristig unter unausgewogenen, schweren Gerichten: Etwa die Hälfte der an der Umfrage teilnehmenden Schüler fühlte sich nach dem Essen müde und lustlos – und Nachmittagsunterricht mit unkonzentrierten Schülern schadet nicht nur den Noten, sondern auch den Nerven von Lehrerinnen und Lehrern.
Insgesamt bewerteten die Schüler das Schulessen nur mit der Note befriedigend (2,9). Weniger die Aspekte Qualität und Gesundheit spielten dabei eine Rolle, sondern ganz einfach wie das Essen schmeckt, aussieht, riecht und wie viel Abwechslung geboten ist.
2014 wurden die Ergebnisse von „So is(s)t Schule“ durch eine Studie der Initiative IN FORM und des BMELs im Wesentlichen bestätigt: In den Mensen wird zu häufig Fleisch und zu selten Gemüse, Fisch und Vollkornprodukte aufgetischt. Dabei haben die meisten Schüler keine Auswahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Menüs.
Ein Grund für die mässige Bewertung des Schulessens liegt sicherlich in der schnell umgesetzten Umwandlung vieler Schulen zu Ganztagesschulen.
Neben der Umstrukturierung der schulischen Abläufe, muss die Forderung der Kultusministerkonferenz, in Ganztagesschulen eine Mittagsmahlzeit anzubieten, umgesetzt werden. Oft fehlen Zeit und Mittel, um Räumlichkeiten für schöne Mensen zu schaffen und Kompetenzen für einen professionellen Betrieb zu erwerben. Auch externe Dienste können zu den geringen Preisen kaum die gewünschte Qualität liefern.
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Wie können Verbesserungen umgesetzt werden?
Anderswo läuft es besser: In Japan liegt die Verantwortung für das Schulessen beim Staat, der zentral die Ausstattung der Küchen mit Gerätschaften und professionellem Personal regelt. Die Menüs werden von Ernährungswissenschaftlern zusammengestellt. Dabei werden die Ernährungsgewohnheiten regelmässig evaluiert und die Zutaten darauf abgestimmt. Das Schulessen gilt, neben regelmässigen Vorsorgen und Gesundheitsbewusstsein, als ein Hauptfaktor für die niedrige Adipositas-Rate unter japanischen Kindern.
Die Kosten für die Mahlzeiten sind staatlich bezuschusst, den Rest übernehmen die Eltern. Die niedrigen Preise sind möglich, da jeder japanische Schüler seine Mahlzeit in der Schule einnehmen muss.
In Deutschland ist das japanische Modell kaum denkbar – eine Teilnahme- und Bezahlpflicht gibt es nur an wenigen Schulen. Sie fände flächendeckend vermutlich keine Zustimmung und auch das föderalistische Schulsystem erschwert einheitliche Regelungen.
Eine Verbindlichkeit von allgemeingültigen Vorgaben (wie dem DGE-Qualitätsstandard) und ein gemeinsames System könnten zur Verbesserung der Qualität des deutschen Schulessens beitragen.
Das "Cook & Chill"- bzw. "Cook & Freeze"-Verfahren, bei dem die Speisen in einer Grossküche zubereitetet und dann heruntergekühlt bzw. gefroren werden, gilt derzeit als die vielversprechendste Methode, um kostengünstige Preise bei guter Essensqualität zu gewährleisten. Nährstoffe und Geschmack blieben so erhalten, bis die Mahlzeiten in den Schulen aufgewärmt werden.
Noch ist keine allgemein verbindliche Lösung für das Schulessen in Sicht. Schulen, die ein Mittagessen für ihre Schüler anbieten, können aber, v.a. im kleineren Rahmen, positive Veränderungen bewirken und sich an geförderten Projekten beteiligen:
Bundesprojekte:
- Das „EU-Schulprogramm“ fördert die Versorgung von Vorschul- und Schulkindern in den EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland beteiligen sich bisher zwölf Bundesländer an der Initiative. Neben kostenloser Milch, Obst und Gemüse werden im Rahmen des Projekts auch Informationsveranstaltungen und Aktionen angeboten.
- Verbinden Sie Schulessen und die Schulung von Ernährungskompetenz z.B. durch die Anregung von Aktionstagen in der Mensa. Eine gute Gelegenheit bietet der „Tag der Schulverpflegung“. Die Vernetzungsstellen organisieren die Aktion, die immer im Herbst stattfindet.
Wie können Schulen und Schulträger die Akzeptanz der Schulverpflegung steigern?
- Bei der Suche nach einem externen Caterer können Sie Testessen organisieren, zu denen Sie auch Schüler und Eltern einladen.
- Um die Akzeptanz des Schulessens zu steigern, können Sie Schüler durch die Befragung zu ihren Wunschmahlzeiten einbinden. Vermutlich finden sich dann zwar Pommes, Döner und Pizza weit vorn, aber auch hier kann man mit Pommes als Beilage zu Gemüsebratlingen statt Schnitzel, einem vegetarischen Döner oder Vollkornpizzateig Kompromisse finden.
- Eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Menüs erhöht die Chance, dass man den Geschmack möglichst vieler Schüler trifft.
- Umfragen zur Zufriedenheit mit dem Schulessen können Mängel aufzeigen, die sich teilweise mit geringem Aufwand beheben lassen. Das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg stellt einen Umfragebogen für Schüler und Eltern zum Ausdrucken bereit.
- Abwechslungsreiche Speisepläne.
- Kostenloses Trinkwasser.
- Nudging: Stupsen (nudge: engl. Schubs, Stups) Sie Ihre Schüler auf die gesunden Nahrungsmittel. Das kann bereits auf dem Speiseplan durch Hervorhebungen und eine Platzierung ganz oben geschehen. Auch bei der Ausgabe sollten die gesunden Menüs zuerst kommen und Gemüse auch wiederholt in der Ausgabelinie auftauchen. Mehr über Nudging erfahren Sie hier.
- Der Lärmpegel in Mensen kann durch gestaffelte Essenszeiten und schallabsorbierenden Wand- und Deckenverkleidungen reduziert werden.
- Die Schüler sollten ausreichend Zeit für das Mittagessen haben. Eine Pausenlänge von etwa einer Stunde empfiehlt sich hier.
- Auch die Öffnungszeiten können einen wichtiger Faktor darstellen.
- Eine ansprechende farbliche Gestaltung, Licht und die Einrichtung der Schulmensa tragen massgeblich zu einer guten Atmosphäre bei.
- Vermeidung von langen Wartezeiten durch effiziente Prozesse bei der Ausgabe der Speisen.
Die Unterschiede bei den zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Mitteln, den Räumlichkeiten sowie dem Engagement, das seitens der Schulen und der Eltern aufgebracht wird, bewirken eine grosse qualitative Bandbreite des Schulessens.
Während einige Schulen die Qualitätsstandards der DGE bereits erfüllen, sind andere Einrichtungen noch weit davon entfernt. Den einzelnen Schulen steht nur ein begrenzter Handlungsspielraum zur Verfügung. Eine Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards in allen Bundesländern wäre ein erster Schritt zu einer ausgewogenen Schulverpflegung. Damit die Schüler das Angebot auch annehmen sollte es zudem attraktiv und abwechslungsreich sein und natürlich auch schmecken :)
Schulverpflegung und die Vermittlung von Ernährungskompetenz sollten Hand in Hand gehen: Damit die Kinder wissen, warum sie statt Pommes auch mal Gemüse auf den Teller sollte, müssen sie lernen,
- warum eine ausgewogene Ernährung wichtig ist.
- welche Lebensmittel dazu beitragen.
- von welchen Lebensmitteln sie seltener essen sollten.
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