Der Klassenrat
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Unterrichtsstörungen beruhen häufig auf Unstimmigkeiten in der Klassengemeinschaft, Streitigkeiten zwischen einzelnen Schülern und auch Problemen zwischen Schülern und Lehrenden. Ein Klassenrat bietet den Rahmen, das Miteinander zu verbessern und Konflikte aus der Welt zu schaffen.
Natürlich nehmen Etablierung und Klassenratssitzungen Zeit in Anspruch. Die Vorteile für die Klasse und die Kompetenzen, die Ihre Schüler erwerben können, sind jedoch unglaublich vielfältig.
Im Folgenden möchten wir Ihnen deshalb Tipps zur Einführung und Abhaltung von Klassenversammlungen für mehr Selbstorganisation und Demokratie im Unterricht vorstellen.
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
Einführung eines Klassenrats
Die Initiative zur Gründung eines Klassenrats kann von Ihnen, aber auch von den Schülern ausgehen.
Je nach Alter der Schüler benötigen sie in der Anfangsphase noch etwas Unterstützung durch Sie. Je mehr sich das Ritual etabliert hat, desto mehr können Sie sich aus einer aktiven Rolle zurückziehen.
Überprüfen Sie immer wieder die Passung von Aufgabe und Möglichkeiten der Schüler. Über- aber auch Unterforderung kann Ihre Schüler demotivieren. Gerade am Anfang bieten sich deshalb zum Ende der Sitzung Reflexionsphasen an, in denen die Schüler Kritik und Verbesserungsansätze äussern dürfen.
Einmal pro Halb- oder Schuljahr ist eine Evaluation als Feedbackmöglichkeit für die Schüler sinnvoll.
In der Einführungszeit ist vieles noch ungewohnt und Ihre Schüler werden dann und wann vielleicht noch Hilfestellungen benötigen. Sie können Schüler, die Schwierigkeiten haben, ihren Standpunkt klar zu äussern, durch gezieltes Nachfragen auf die Sprünge helfen (meinst du das …?, verstehe ich dich richtig …?). Auch das Zusammenfassen von Diskussionsergebnissen, das Zeitmanagement und die Vermeidung von Abschweifungen muss trainiert werden.
Häufig gestellte Fragen zum Klassenrat
Was ist ein Klassenrat?
Der Klassenrat ist eine Versammlung an der alle Klassenmitglieder gleichberechtigt teilnehmen. Die Schülerinnen und Schüler haben hier die Möglichkeit, das Miteinander in der Klasse selbstbestimmt und demokratisch zu gestalten.
Für welche Klassenstufen ist der Klassenrat geeignet?
Sie können den Klassenrat können bereits in der 1. oder 2. Klasse einführen, wobei Sie dann noch eine stärkere, leitende Funktion haben. Ab der 3. Klasse sind Schülerinnen und Schüler in der Lage, selbstständiger im Klassenrat zu agieren und Sie werden sich mehr aus Ihrer aktiven Rolle zurückziehen können. Das Mitwirken an Beschlüssen der Schülermitverwaltung bietet für die Sekundarstufe I und II z.B. neue spannende Ansätze. So wirkt sich die Arbeit von Klassenräten positiv auf das gesamte Schulklima aus.
Was wird besprochen: Themen für den Klassenrat
Die Themen können die Schülerinnen und Schüler eigenverantwortlich planen, wodurch demokratische und selbstorganisatorische Kompetenzen gestärkt werden. Im Prinzip kann alles aufs Tableau kommen, das die Klasse bewegt:
- Klassen- und Gesprächsregeln
- Probleme und Konflikte
- Klassenfeste
- Exkursionen
- Projekte
- Klassendienste
- Raumgestaltung
- Hausaufgabenpensum
- Gruppenzwang
Wie oft und wie lange tagt der Klassenrat?
Es ist wichtig, dass der Klassenrat regelmässig zusammenkommt, nicht erst, wenn grössere Probleme bestehen. Die meisten Klassenversammlungen finden einmal wöchentlich zu einem festen Zeitpunkt statt. Es bietet sich an, eine halbe Stunde zu reservieren. So bleibt die Möglichkeit, bei Bedarf auf eine komplette Schulstunde zu verlängern.
Was ist die optimale Sitzordnung für den Klassenrat?
Besonders ältere Schüler bleiben lieber an ihrem Platz sitzen, statt einen Stuhlkreis zu bilden. Dieser macht jedoch Sinn, da sich so alle ansehen können. Die Veränderung der Sitzordnung wirkt zudem wie ein Signal dafür, dass nun etwas Neues beginnt und erleichtert den Schülern von Unterricht auf Klassenrat „umzuschalten“.
Welche Rollen gibt es beim Klassenrat?
- Ratsmitglieder: bringen Themen ein, sind stimmberechtigt, diskutieren Themen
- Ratsvorsitzende/r: leitet den Klassenrat
- Protokollant/in: führt das Protokoll
- Zeitwächter/in: behält die Zeit im Blick
- Regelwächter/in: achtet auf die Einhaltung der Klassenratsregeln
Wer leitet den Klassenrat?
Die Gesprächsleitung kann von einem oder zwei Schülern übernommen werden. In diesem Fall kann ein Schüler die Moderation übernehmen, während der andere die Regeln und die Zeit im Blick hat. Alternativ können die Ämter von Regel- und Zeitwächter/in auch separat vergeben werden. Die Klassenratsvorsitzenden sollten jede Woche wechseln, so dass alle Schüler zum Zug kommen.
Wer führt Protokoll?
Auch die Rolle des Protokollanten wird durchgetauscht. Das Protokoll enthält die Ergebnisse der Versammlung. Es ist nötig, um zu überprüfen, welche Punkte im Lauf der Woche geklärt werden konnten oder ggf. nachbesprochen werden müssen. Die Protokollanten können auch eine Rednerliste führen, um die Ratsleiter zu unterstützen. Je nach Alter der Schüler benötigen die „Amtsinhaber“ besonders am Anfang noch etwas Unterstützung durch Sie.
Welche Aufgabe hat die Gesprächsleitung?
Der Ratsvorsitzende
- hat einen Überblick über die Tagesordnungspunkte
- ruft diese nacheinander auf
- verhindert, dass die Diskussion vom Thema abkommt
- erteilt das Wort
- fasst die Gesprächsergebnisse kurz zusammen
- gibt die Namen der nächsten Leitung und des Protokollanten bekannt
- beendet die Versammlung
An welche Regeln halten wir uns?
Die Schüler sollten massgeblich an der Ausarbeitung der Gesprächsregeln beteiligt sein. Ob die aufgestellten Regeln ausreichen, erfahren die Schüler im Lauf der ersten Versammlungen. Möglicherweise ist es nötig, Regeln zu modifizieren oder auch neue Regeln hinzuzufügen. Dieser Prozess ist wichtig, um den Sinn der Regeln zu verinnerlichen und sie zu akzeptieren.Hier einige Beispiele für Gesprächsregeln:
- Wir fallen niemandem ins Wort (hier kann ein Rednerstab oder anderes Objekt helfen, dass denjenigen mit Rederecht kennzeichnet).
- Wir warten mit unserem Beitrag bis wir aufgerufen werden.
- Bei Konflikten hören wir uns erst die Meinungen der Beteiligten an.
- Beiträge müssen sich auf das aktuelle Thema beziehen.
- Wir lachen niemanden aus, beleidigen niemanden und machen uns über andere nicht lustig.
Wie läuft eine Versammlung des Klassenrats ab?
Im Detail können Ihre Schüler den Ablauf bestimmen. Mit der Zeit wird sich eine feste Struktur des Ablaufs etablieren.Nach der Begrüssung und Eröffnung der Runde durch den Klassenratsvorsitzenden, wird häufig eine Anerkennungsrunde eingebaut, in der jeder Lob und Positives über Mitschüler, Lehrerinnen und Lehrer und allgemein schulische Vorgänge äussern darf.
Positiv gestimmt kann danach die Tagesordnung Punkt für Punkt abgearbeitet werden. Als erster Punkt sollte überprüft werden, ob die im letzten Protokoll festgehaltenen Aufgaben erledigt und Beschlüsse umgesetzt wurden. Falls nicht, werden sie erneut diskutiert.
Nach der Nennung des nächsten Tagesordnungspunkts übergibt der Gesprächsleiter an denjenigen, der den Punkt notiert hat und bittet ihn das Problem oder den Vorschlag zu erläutern. Besteht ein Konflikt mit bestimmten Personen, dürfen diese ihre Sichtweise der Dinge äussern. Danach erkundigt er sich, ob es Lösungsvorschläge und Meldungen zu diesem Thema gibt und erteilt den Schülern nacheinander das Wort.
Über Lösungsvorschläge zu Problemen und allgemeine Vorschläge stimmt die gesamte Klasse ab.
Vor der Beendigung des Klassenrats werden die gefassten Beschlüsse und Aufgaben nochmals kurz zusammengefasst.
In der Freinet-Pädagogik ist die Klassenversammlung ein Mittel zur Entfaltung von Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme durch die Schüler. Alle sind gleichberechtigt bei der Festlegung von Regeln für das Miteinander, der Klärung von Konflikten und Bewertung des Erreichten. Die Schüler lernen so aktiv, was Demokratie bedeutet.
Der zweite Ansatz ist individualpsychologisch geprägt: Der Aspekt der Selbstorganisation tritt hinter der Sicht des Klassenrats als Mittel zur Problemlösung und Streitschlichtung zurück.
Der Klassenrat – pädagogische Zielsetzungen
Fachliche und methodische Kompetenzen:
Die Schüler lernen,- Entscheidungen demokratisch zu treffen (Mehrheitsentscheidungen, Konsensbildung)
- verbale und nonverbale Kommunikationsformen einzusetzen
- Projekte und Aufgaben selbst zu organisieren
- Protokoll zu führen
- ein Gespräch zu leiten
- Regeln und Zeitpläne zu erstellen und zu beachten
- Verantwortung innerhalb einer Gruppe zu übernehmen
- sich sprachlich korrekt auszudrücken
- Argumente zu formulieren
Soziale Kompetenzen:
Die Schüler lernen,- anderen zuzuhören
- ihre Gefühle als Ich-Botschaften anderen mitzuteilen
- eine Meinung zu bilden und zu vertreten
- Meinungen anderer zu akzeptieren und respektieren
- Kompromisse zu schliessen
- Gesprächsregeln zu beachten und fair zu diskutieren
- konstruktiv Kritik zu üben und mit Kritik umzugehen
- Konflikte zu lösen
- das eigene Verhalten zu reflektieren
Ein grosses Ziel eines Klassenrats ist es, die Klassengemeinschaft zu festigen und die Klassenkameraden mit ihren Bedürfnissen, Ängsten und Wünschen besser kennen zu lernen, was ein grosses Verständnis füreinander fördert.
Gerade zu Beginn ist das aber noch nicht gegeben, v. a. wenn die Klasse gerade erst zueinandergefunden hat. Für die Schüler ist es dann schwer, sich vor den anderen zu öffnen und die eigene Meinung kundzutun. In dieser Phase helfen spielerische Elemente, wie Aktivierungsspiele, das Eis zu brechen.
In den Betzold Blog-Beitragen zum Thema „Aktivierungsspiele – Kleine Energieschübe für Ihren Unterricht“ finden Sie Anregungen für „Eisbrecher-Spiele“:
Teil 1: Gruppenfindungs- und Kennenlernspiele
Teil 2: Konzentrations-, Entspannungs- und Auflockerungsspiele
Quellen
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